Themen zur Bildungsarbeit



Ein Gnadenjahr des Herrn

Freiheit ist keine rein innerliche Angelegenheit, sondern durchaus eine Sache des Geldbeutels. Diese lebensnahe Erkenntnis ist Teil der biblischen Einsichten. Es mag heutige Zeitgenossen irritieren: Aber nicht Meditationstechniken, sondern soziale Gerechtigkeit und Füsorge stehen im Mittelpunkt des Interesses der biblischen Texte. Das "Nazaret-Manifest" Jesu (Lukas 4,16-21) zitiert das Buch des Propheten Jesaja mit der Ankündigung eines Gnadenjahres. Jesus nimmt damit Bezug auf alttestamentliche Einrichtungen: Die Brache des Ackerlandes wird verbunden mit der Freilassung der Schuldsklaven: im Sabbatjahr der alten Gesetzessammlung des "Bundesbuchs" und im Jobeljahr des "Heiligkeitsgesetzes". Gottesglaube und Sozialgesetzgebung stehen in einem Entsprechungsverhältnis: "Ich habe sie aus Ägypten herausgeführt; sie sollen nicht verkauft werden, wie ein Sklave verkauft wird" (Levitikus 25,42).

Veranstaltung: Ein Gnadenjahr des Herrn. Ein biblisches Motiv zum Zusammenhang von Heil und Gütergerechtigkeit



Menschsein allein aus Gnade?

Am Reformationstag 1999 unterzeichneten Vertreter der römisch-katholischen Kirche und des Lutherischen Weltbundes in Augsburg ein Dokument. In ihm wird eine weitgehende Übereinstimmung in der Lehre von der Rechtfertigung festgestellt. Für die protestantische Tradition zielt die sogenannte Rechtfertigungslehre auf die Mitte des christlichen Glaubens: Es geht um den Weg, wie das in Jesus Christus angebrochene Heil zu den Menschen kommt. "Allein aus Gnade" war die Maxime der Reformatoren. Die Lehre vom Heil des Menschen allein aus Gnade ist auch heute eine doppelte Provokation: angesichts der "Moralisierung" von Religion ebenso wie angesichts beobachtbarer Anzeichen für einen drohenden ökumenischen Winter.

Veranstaltung: Menschsein allein aus Gnade? Einigkeit und Streit um die "Rechtfertigungslehre



Menschsein in der Schönen Neuen Welt?

Die neuen Entwicklungen in den Bio- und Informationswissenschaften verbreitern den Graben zwischen "Eingeweihten" und "Laien". Zugleich werden Begriffe wie "therapeutisches Klonen" zu Schlagworten, die in den Medien verhandelt und der Öffentlichkeit präsentiert werden. Mit Recht, denn die neuen Technologien werfen grundlegende Fragen über das Menschsein auf, die viel zu wichtig sind, um ihre Beantwortung allein den Wissenschaftlern zu überlassen.

Veranstaltung: Menschsein in der Schönen Neuen Welt? Die Heilsversprechung der neuen Technologien



Der große Deal?

Für Martin Luther war die Verkündigung des sogenannten "Ablasses" Anlass und Ausgangspunkt für seine theologische Kirchenkritik, die in der Folge zur heutigen Situation konfessionell getrennter Christentümer führte. Wenn auch in der Frömmigkeitspraxis der meisten Katholiken in Deutschland ohne große Bedeutung, existiert die Verkündigung des Ablasses noch heute. Seine offizielle Definition als "ein durch den Einsatz der Kirche vermittelter Nachlass zeitlicher Sündenstrafen" wirft viele Fragen auf. Sie bieten Gelegenheit, ungelegene Themen anzusprechen: Was ist eigentlich "Sünde"? Was bedeutet "Strafe"? Und was hat die Kirche damit zu tun?

Veranstaltung: Der große Deal? Vom Sinn und Unsinn des "Ablasses"



Die andere Maria

Während Maria von Nazaret, die Mutter Jesu, zur Ikone der Jungfrau und Mutter wurde, geriet Maria aus Magdala, die erste Zeugin der Auferstehung Jesu, in der westkirchlichen Legendenbildung zum Archetyp der "heiligen Hure". Dieser zwiespältigen Wirkungsgeschichte stellt zeitgenössische Literatur das Bild einer anderen Maria entgegen: das Bild einer Frau an der Seite Jesu. Auf sie richten sich aktuelle Wünsche und Projektionen eines "anderen" Christentums. Die literarischen Erzählungen unserer Tage nehmen dabei aber auch Bezug auf frühchristliche Schriften. Das Evangelium der Maria und andere "gnostische" Schriften spiegeln die frühe Rückkehr des "kirchlichen" Christentums zu patriarchalen Lebensformen und die Auswanderung der Maria-Magdalena-Traditionen zu dissidenten christlichen Gruppen. In deren Texten gilt Maria aus Magdala als Lieblingsjüngerin Jesu und Trägerin besonderer Offenbarungen, die Jesus allein ihr anvertraut habe.

Veranstaltung: Die andere Maria. Maria Magdalena in frühchristlichen Schriften und zeitgenössischer Literatur



Tatort Galiläa

Die Zahl der Bibel- und Evangelienfilme ist groß: 1897 entstand die erste filmische Version der Leidensgeschichte ("Die Passion Christi, Regi Léar und Hermano Basile"). Bis heute geht die Produktion weiter: Monumentalfilme wie "Die größte Geschichte aller Zeiten" (Amerika 1963) und der karge Schwarzweißfilm "Das erste Evangelium - Matthäus" von Pasolini (Italien 1964) zählen dazu. In den letzten Jahren hat es das Projekt einer aufwendigen "Gesamtverfilmung" der Bibel fürs Fernsehen gegeben. Oft ziehen Bibelfilme aus den Texten der Bibel nur den Handlungsfaden und das "Personal" und kleiden diese in eigene Bilder und Geschichten ein. Tatsächlich lassen sich aber die biblischen Evangelien selbst wie "Drehbücher" lesen. Wer das versucht, macht überraschende Entdeckungen: Die unterschiedliche "Theologie" der Evangelisten enthüllt sich in ihren unterschiedlichen "Regieanweisungen". Auf dieser Fährte wollen wir biblische Texte neu verstehen und selbst exemplarisch Drehbücher entwerfen.

Veranstaltung: Tatort Galiläa. Die Evangelien als Filmskripte betrachtet.
Veranstaltungstyp: vom Vortragsabend bis zum Workshop von einem Tag oder mehreren Abenden.




Ostern: eine unterbelichtete Hoffnung?

Unser Glaube beruft sich nicht auf etwas, was immer und überall wahr ist (Mythos), sondern erzählt von etwas, das einmal geschehen ist, und von dessen Bedeutung (Geschichte). Was vor zweitausend Jahren zwischen Gründonnerstag, Karfreitag und Ostern geschah, gilt als zentrales Ereignis des christlichen Glaubens. Droht ihm, nicht nur im Dunkel der Geschichte, sondern auch in der langen Geschichte seiner Auslegung das Licht auszugehen?

Veranstaltung: Ostern: eine unterbelichtete Hoffnung?
Ein Mahl und nicht wieder (Gründonnerstag), Ein kurzer Prozeß (Karfreitag), Auf der Suche nach einem Toten (Ostern)




Jahrtausendwende: Warum die Zeit zu Ende geht

Das weltweite römisch-katholische Logo zum Iubilaeum 2000Die zurückliegende Jahrtausendwende hat ins Gedächtnis gerufen, daß die westliche Welt nach wie vor - wenn auch ungenau - die Jahre nach der Geburt Jesu Christi zählt. Partylaune und Endzeitstimmung sind mit dem Termin verbunden. An unserer Zeitrechnung ist nicht das historische Datum der Geburt wichtig. Entscheidend ist die Vorstellung: Es habe in der Geschichte der Menschheit eine grundlegende Wende gegeben, die die Zeit in "davor" und "danach" einteilen kann. Diese Idee ist weder eine Erfindung Jesu noch des Christentums. Die Wurzeln der Wende der Zeit, des Schreckens der Apokalypse und des Heils einer neuen Welt reichen tief ins Judentum.

Veranstaltung: Jahrtausendwende - Warum die Zeit zu Ende geht. Biblische Apokalyptik und unsere Zeiterfahrungen



Die Toten loben Gott nicht

Für viele stellt die Frage nach dem sogenannten "Leben nach dem Tod" den entscheidenden Zugang zur Frage des Glaubens dar. Sogenannte "Todesnähe"-Erlebnisse klinisch Toter oder das Interesse an Reinkarnationslehren belegen: Unser Verhältnis zum Tod ist un-versöhnt. Die biblische Botschaft beantwortet nicht unbedingt unsere Neugier: Welche Antwort gibt sie statt dessen?

Veranstaltung: Die Toten loben Gott nicht
Gott ist nicht in der Unterwelt (Hebräische Bibel). Gott ist kein Gott der Toten (Neues Testament)




Warum fresset und saufet ihr nicht?

Sollten Christen eine typische Handbewegung machen, dann wäre das für bibelfeste Exemplare eine Geste des Essens. Kein anderes Zeichen ist in der biblischen Tradition so mit Heilsvorstellungen verbunden wie das Mahl-Halten. Eine bibeltheologische Besinnung auf Essen und Trinken kann ein Beitrag sein auch zu einer Theologie der Sinne und einer sinnlichen Frömmigkeit.

Veranstaltung: Fette Speisen. Ein Abend mit biblischem Buffet.



Die unbekannte Wurzel

Daß das Christentum historisch aus dem Judentum hervorgegangen ist, wissen fast alle Christen. Daß die Geschichte des Judentums damit auch im religiösen Sinn nicht zu Ende ist, ist nur wenigen bewußt. Notwendig ist nicht nur eine Besinnung auf die jüdischen Wurzeln des christlichen Glaubens und das umstrittene Verhältnis von Altem und Neuem Testament. Es geht auch um den Reichtum jüdischen Glaubens und seiner Träger bis heute: von den "Judentümern" der neutestamentlichen Zeit bis zu den gegenwärtigen Strömungen im zeitgenössischen Judentum.

Veranstaltung: Die Wurzel, die du nicht kennst



Wohin geht die Kirche?

Das Kirchenvolksbegehren vor einigen Jahren war ein Medienanlaß, Krisenphänomene der Kirche ins Bewußtsein der Öffentlichkeit zu heben. Von den Klagen seitens offizieller Kirchenvertreter bis zu den Äußerungen der Kritiker ist ein Unbehagen an der Kirche bis tief ins Kirchenvolk wahrzunehmen. Aber Krisen existieren nicht "an sich": Ihre unterschiedliche Wahrnehmung beruht auf unterschiedlichen Wünschen, enttäuschten Erwartungen und Ängsten. Läßt sich etwas ausmachen über die Zukunft der Kirche zwischen gesellschaftswissenschaftlichen Überlegungen und Prognosen und biblischen Leitbildern der Gemeinde Jesu.

Veranstaltung: Wohin geht die Kirche? Krise oder Reformstau.

© Ulrich Sander 2000, 2001